Marcus ist mal wieder den ganzen Tag auf Geschäftsreise in Pune, somit habe von morgens früh bis immerhin nachmittags das Auto und eine entsprechend lange to-Do-Liste. Gleich morgens um 10 fahre ich zum RTO (Regional Transport Office) im benachbarten Stadtteil, wo unter anderem die Führerscheinstelle angesiedelt ist. Bekannte von uns haben ihren Führerschein bei Vorlage des deutschen Kartenführerscheins direkt bekommen, aber hier weiß davon keiner was. Auch egal, ich hab ja Zeit… Meine Papiere hatte ich vor zwei Wochen bei der Fahrschule um die Ecke beantragt. Hier geht es jetzt zuerst zur medizinischen Untersuchung, die aus dem Ausfüllen eines Fragebogens (neulich in der Fahrschule) und der Bezahlung von 50 Rs (heute bei der Behörde) besteht. Kein Protest meinerseits. Erste Unterschrift also drin in meiner Akte.
Dann werde ich zu einer großen Wandtafel mit allen Verkehrszeichen geführt und ein RTO-Angestellter gibt mir einen Schnellkurs in der Bedeutung der indischen Verkehrsschilder. Nicht schlecht, denn ich weiß natürlich, was ich machen muss, aber nicht, wie das korrekt auf englisch heißt! Dann erklärt er mir noch die wichtigsten Handzeichen, denn ich beantrage auch den Zweirad-Führerschein, und die haben meistens keinen Blinker. Raj (unser Fahrer) übersetzt oder erklärt, wenn ich gar zu fragend gucke.
OK, als nächstes anstellen vor dem Büro des diensthabenden Uniformierten. Schön getrennt nach Männlein und Weiblein, vor der offenen Tür, und immer abwechselnd darf ein Mann und dann eine Frau eintreten. Die Frauenschlange steht praktischerweise rechts von der Tür und wir sehen genau, was drin passiert. Der Beamte fragt offensichtlich immer nach einigen Schildern (er zeigt sie auf einer Karte auf dem Tisch) und dann nach den wichtigsten Handzeichen. Sehr gut, können wir nochmal alles mitverfolgen! Ich muss 3 oder 4 Aspiranten abwarten. Der Jüngling direkt vor mir loost ziemlich ab, bei den meisten Schildern schüttelt der Officer bedenklich den Kopf, nur die Handzeichen funktionieren dann einigermaßen. Das Mädel hinter mir drückt mich schon fast ins Büro, aber der arme Kerl darf immer noch nicht raus. Schließlich bin ich endlich dran, begrüße den Polizisten artig und reiche ihm meine Mappe. Original-Pass und das Original der Polizeilichen Anmeldung will er gar nicht sehen (ich habe beides ja deutlich sichtbar auf dem Tisch liegen) und dann fragt er mich in einem Affenzahn ein paar Verkehrszeichen ab. An „no entry“, „narrow bridge“, „compulsory right“ und „steep hill“ kann ich mich erinnern. Bei den Handzeichen loose dann ich beinahe, hab vorher nicht gut genug aufgepasst: ALLE Handzeichen müssen mit der RECHTEN Hand gegeben werden! Zum links abbiegen beschreibt man einen Linkskreis, zum rechts abbiegen einen Rechtskreis. Was das einfache ausstrecken der Hand bedeutet, hab ich schon vergessen. Aber „langsamer“ und „stop“ beherrsche ich einwandfrei. Zuletzt fragt er mich noch, auf welcher Straßenseite man fahren muss. Leider rechne ich mit so einer blöden Frage nicht und frage zweimal nach, bis ich verstehe, was er von mir will. „You want to drive, yes? Which side of the road do you take???“ OK, OK, „on the left“ natürlich. „KEEP LEFT!“ werde ich belehrt, aber dann habe ich es auch überstanden. Man ist gnädig, noch ein paar Unterschriften (vor allem auf jede Kopie von Pass und Anmeldung) und dann tatsächlich noch die Frage nach der Herkunft (bevor man lange in den Papieren sucht…). „60 marks?“ fragt das Mädel draußen nach meiner erreichten Punktzahl – keine Ahnung – „Did you pass?“ – ich denke schon!
Weiter gehts zu einem Tisch in einer Zimmerecke, wo ich nochmal irgendwas unterschreiben muss, und dann bleibt meine Akte dort, bis ich in 45 Tagen meinen indischen Führerschein abholen kann. Die Learners Licence wird an die Fahrschule geschickt, wo ich sie in einer Woche abholen kann. Ich dürfte mir damit ein großes „L“ ans Auto machen und offiziell fahren üben. Allerdings nur auf kleinen Nebenstraßen. Das muss ja nicht sein, bisher fahre ich ja auch einfach mit meinem deutschen Führerschein, auch auf der „Autobahn“ Richtung Flughafen!
Auf die Fahrprüfung bin ich gespannt. Laut Raj stehen zwei Varianten zur Auswahl: 50m die Straße runter erst mit meinem Fahrer auf dem Beifahrersitz und dann mit einem RTO-Beamten, anschließend rückwärts zurück. Oder allein die Straße runter, U-Turn (wenden) und wieder zum Ausgangspunkt. Beim Motorrad entfällt natürlich das Rückwärtsfahren…

Erst anmelden, dann Kommentar hinterlassen.