Unser erster Urlaub in Indien! Zusammen mit Marcus‘ Eltern gönnen wir uns ein paar Tage Rundreise mit dem Auto in die Berge südwestlich von Bangalore. Auf dem Weg dorthin essen wir in einem kleinen Hotel zu Mittag, wo offensichtlich nicht viele Ausländer reingeraten. Zum ersten Mal bekommen wir das Essen auf einem Bananenblatt serviert!
Da wir durch die Heimat unseres Fahrers reisen, zeigt er uns vieles, woran wir sonst einfach vorbeigefahren wären. Neben diversen Wasserkraftwerken und Staudämmen (sein Vater war bei der staatlichen Wasserversorgung tätig) besichtigen wir eine winzige Zuckerfabrikation am Straßenrand.
Am nächsten Morgen soll es mit einer Zahnrad-Schmalspur-Dampfeisenbahn von Mettupalayam aus ins Nilgiri-Gebirge nach Ooty (auf 2200m) gehen; 40 km Strecke. Zum Tickets vorbuchen hat uns die Zeit nicht mehr gereicht. Nun kümmert sich unser Fahrer darum. Abends ist nichts mehr zu machen, also steht er morgens um 4 Uhr auf und hat „nur“ 15 Leute vor sich in der Schlange am Fahrkartenschalter! Die Karten kosten nur 9 Rupien pro Person, aber um eine zu bekommen, muss man 100 Rs pro Nase bezahlen. Naja. Da es keine Platzreservierungen gibt, hilft auch noch der Bruder unseres Fahrers (ist extra aus Coimbatore angereist, um ihn zu treffen) und setzt sich in den Waggon. Wir sind müssen ja noch vom Hotel zum Bahnhof fahren! Da mal wieder alles länger dauert (vor allem Hotelrechnung bezahlen), kommen wir relativ knapp am Bahnhof an – zumindest sieht es so aus. Auf dem Gleis neben uns setzt sich sogar der Zug schon in Bewegung! Es ist aber nicht unserer. Der steht auf dem nächsten Gleis und ist schon gut gefüllt. Unsere Plätze sind in einer Reihe nebeneinander (Beinfreiheit ist hier ein Fremdwort, Martinas Beine passen bei aufrechter Sitzweise gerade so rein), so haben wir auf beiden Seiten Aussicht.
Die Fahrt ist ein echtes Erlebnis: bergauf schleppt sich die Dampflok mit Zahnradunterstützung stellenweise wirklich im Schritt-Tempo. Tunnel wechseln sich mit Brücken ab, wo keinerlei Platz neben dem Gleis ist – die Schienen liegen nur auf Schwellen, dazwischen freie Sicht ins Tal… Die meisten Tunnel sind sehr kurz, aber vor einem fängt der Schaffner wie wild an zu trillerpfeifen. Bis sich rumspricht, dass das der dringende Aufruf zum Fenster schließen ist, zieht schon der Dampf in Schwaden durch offene und undichte Fenster. Puuhhh! Die Lungen fühlen sich gar nicht gut an. Zum Glück gibt es mehrere Pausen, die lang genug sind für einmal kurz Beine vertreten und noch eine Runde Kaffee am Bahnsteig kaufen.
Als der steile Aufstieg hinter uns liegt, wird die Dampflok von einer Diesel-Lok abgelöst. Martina denkt, das dauert lang genug für einen WC-Besuch – und verpasst beinahe die Weiterfahrt! Zum Glück werden die Türen auf heftiges Klopfen hin nochmal geöffnet, obwohl schon heftig die grünen Signalfähnchen geschwenkt wurden.
Nach fast 5 Stunden kommen wir in Ooty an, wo sich die Briten nette Sommerfrische-Unterkünfte hingebaut haben. Jetzt im Winter werden von hier aus Kartoffeln, Möhren und ähnliches Gemüse nach Bangalore exportiert. Und natürlich gibt es Teeplantagen! Am Nachmittag führt uns unser Fahrer neben verschiedenen Aussichtspunkten noch in ein Wasserkraftwerk. Dort bekommen wir eine höchst interessante Privatführung, weil sein Schwager dort als Fahrer arbeitet. Und danach besichtigen wir eine Zwei-Mann-Eukalyptusöl-Produktion! Unglaublich, unter welchen Bedingungen die das destillieren.
Anschließend bekommen wir im Haus der Schwester unseres Fahrers noch Kaffee und Kekse. Da der Schwager bei der staatlichen Wasserversorgung arbeitet, haben die freies Wohnen, kostenlos Strom/Gas/Wasser und gehören dadurch schon zu den besser gestellten. Sichtlich stolz zeigt die Schwester Marcus‘ Mutter und mir den Elektroherd und der Schwager führt die Badewasser-Erhitzung vor: ein Ölfass mit Wasser, darüber hängen zwei Kabel an einem Eisenstück befestigt von der Decke, Strom an, reinhängen – und jetzt aber die Tür zu, das ist doch etwas gefährlich für die beiden 5 und 7 Jahre alten Jungs.
Am nächsten Morgen geht das Sightseeing noch weiter mit einem Ausflug zur örtlichen Teefabrik. Leider stehen sonntags die Maschinen. Gleich nebenan wird Schokolade verkauft, für die Ooty auch berühmt ist. Interessanter ist anschließend der Vergnügungspark am See, wo ganze Großfamilien auf den Rasenflächen picknicken. Die wenigen Westler hier werden sofort als Fotomodelle gebucht.

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